Wieder einmal suchten ein paar Piloten das Abenteuer im noch wenig erflogenen Osten Europas. Das Ziel war das internationale

Music-Avia-Bike-Festival in Ushgorod (http://www.musicbikeukraine.com/news/22-goral-music-avia-bike-ukraine-2012-.html), der westlichsten Stadt der Ukraine. Nachdem wir durch Stefan Lesjak, der bei der Organisation des Fly-In nach UKLU eine bedeutende Rolle (als Kontaktperson für das westliche Europa) einnahm, auf das Event vorbereitet und heiss gemacht worden sind, galt es wiederum, die Flugplanung seriös zu absolvieren. Typisch für den Osten Europas würde uns die Suche nach AVGAS und Zollmöglichkeiten über die ganze Reise begleiten.

Obwohl es nur rund 600 NM Luftlinie sind, galt es doch, sich mit den Eigenheiten der zu durchfliegenden Staaten (Deutschland, Österreich, Slowakei, Ungarn, evtl. Polen und Ukraine) vertraut zu machen.

Der fliegerische Teil wurde durch die AOPA Ukraine, namentlich durch deren Präsidenten (Ghennadi Khazan) betreut. Er sorgte dafür, dass wir eine Einfluggenehmigung für den ukrainischen Luftraum erhielten. Diese kam zwar recht spät (max. 72h vor Einflug), aber es reichte für unsere Zwecke. Die uns allen zur Verfügung gestellte Liste der teilnehmenden Flugzeuge umfasste über 60! Crews aus ganz Europa (Schweiz, D, Belgien, Polen, Italien, F, Luxemburg, sogar USA!) und vielen für Schweizer Verhältnisse eher unbekannten Registrationen.

Neben den Piloten würden auch viele Biker aus ganz Europa erwartet. Es würde eine ganz besondere Mischung und Stimmung entstehen.

Unsere Flugplanung sah vor, via Süddeutschland und Österreich in Bratislava (LZIB) eine Nacht zu verbringen. Von dort dann via Jakabszallas und Debrecen (Ungarn) in die Ukraine einfliegen. Der Rückweg sollte wieder über die Slowakei und Ungarn führen, und wenn möglich über die österreichischen Alpen zurück in die Schweiz.

Ca. 1,5 Wochen vor Abflug machten wir uns daran, die Flugplätze nach deren AVGAS-Verfügbarkeit, Öffnungszeiten und Zoll abzuklappern. Viele eMails (unter anderem mit der Militärverwaltung Ungarn (Anfluggenehmigung für Szolnok (LHSN))) später sahen wir uns bereit für den Abflug.

HB-PNG (Piper Warrior PA28) auf dem Weg in den wilden Osten!

Leider machte das Wetter nicht so ganz mit. Am 11. Juli querte eine schwache Kaltfront die Schweiz und zog in östliche Richtung. Das schöne Wetter der Vortage war somit passé. Mit etwas Verspätung starteten wir trotzdem in LSPG und suchten den Weg nach Eggenfelden (D). Erstaunlicherweise war die Front wirklich schwach, denn östlich von Kempten wurde der Himmel teilweise wieder blau. In Eggenfelden gegen Mittag wurden wir vom deutschen Zoll erwartet, der sich aber mit der Durchsuchung des Flugzeuges zurückhielt und nur nach Geldsummen von mehr als 10000 Euro fragte. Laut Türmer dort sollte östlich von uns noch mehr Ungemach in Form von Wolken und Regen warten. Unser Plan war es, südlich von Linz in einer flacheren Geländerinne gegen Wien zu fliegen. Wir informierten den Tower in Eggenfelden über unserem Plan, sahen das Wetterradar und starteten. Kurz vor Linz wurde es dann sehr grau und dunkel in der Luft. Wir haben kurz zuvor mit Linz TWR Kontakt aufgenommen, um deren CTR zu durchfliegen. Er liess uns gewähren und wir suchten einen Weg durch die Regenwand. Trotzdem wir mehrfach angekündigt unsere Richtung änderten, unterstützte uns Linz TWR so gut es ging. Am östlichen Ende der CTR kam wieder hellere Umgebung zum Vorschein und in Richtung Osten konnten wir das laut METAR versprochene CAVOK in Bratislava erahnen. Weiter haben wir uns entlang einiger Flugplätze in Richtung Tulln VOR bewegt, wo wir ebenfalls ein Crossing der Militär-CTR verlangten und erhielten. Allerdings verlangte Wien Info von uns kontinuierliche Sinkflüge bis schlussendlich max. 1500ft, um unterhalb der Anflugsektoren für Wien Schwechat zu bleiben. Wir erhielten immer wieder Infos über Gegenverkehr und Wetter-News. Der Anflug auf Bratislava war problemlos auf Piste 31 (mehr oder weniger kein Verkehr), nachdem wir von Osten her über der Donau die Stadt noch anschauen konnten.

Der obilgatorische Handling-Agent kam umgehend nachdem wir geparkt hatten und auch auf den Fuel-Truck mussten wir keine 5 Minuten warten.

Wir fuhren mit dem öffentlichen Bus (Nr. 61) in die Stadt zum Bahnhof, steigen um in die Nr. 93 und fanden im Stadtzentrum nach 2 erfolglosen Versuchen das noch freie IBIS-Hotel. Danach zogen wir durch das historische Stadtzentrum, sahen einige Sehenswürdigkeiten in der Stadt und nahmen endlich das ersehnte After-Landing-Beer zu uns. Zum Essen gab es mit Geschnetzeltem gefüllte Kartoffelpuffer und Salat bzw. Sauerkrautsuppe. Es wurde dunkel und wir fanden, dass es sicher noch schön wäre, vom „UFO“ aus einen Blick über Bratislava zu geniessen. Also auf zur „Novy most“ und auf die Aussichtsplattform gefahren. Auf dem Rückweg genehmigten wir uns noch ein schönes Glace und fanden den wohlverdienten Schlaf.

Skyline von Bratislava

Unsere morgige Route planten wir in den Süden von Ungarn (Jakabszallas – Aerohotel) und weiter via Debrecen nach Ushgorod. Am nächsten Morgen zeigte das Wetterradar im östlichen Teil von Ungarn grosse und sehr aktive Regen- und Gewitterzellen, die sich in Richtung Nordost bewegten. Unsere Planung beeinflusste das nicht und wir gaben online den Flugplan nach LHJK auf, welcher umgehend bestätigt wurde. Für den Weg zum Flugplatz nahmen wir uns ein Taxi, weil es doch gestern Abend relativ anstrengend war, mit dem Gepäck in den öffentlichen Bussen zu fahren. Am GAC (Handling Agent) zahlten wir die recht preiswerte Rechnung für Handling und Services und wurden zum Flugzeug gefahren. Es hatte sich mittlerweile eine Seneca neben uns platziert. Das ATIS gab uns Wind aus 330 mit 14 Knoten an. Startbahn sollte 22 sein! Da wir voll beladen waren, verlangten wir auf gut Glück die 31 als Startbahn, welche uns wiederum problemlos genehmigt wurde. Allerdings wollte Bratislava Delivery, dass wir dann ein IFR-departure in Richtung NUBRA fliegen, welches wir ablehnen mussten, aber trotzdem die NUBRA Intersection als Waypoint und Grenzübertritt nach Ungarn wählten. Bratislava TWR lotste die anfliegenden Airliner von RyanAir und SkyAir um uns herum und wir flogen ohne Problem weiter mit Budapest Info, wo wir immer wieder auch Schweizer Registrationen am Funk hörten, die sicher auch in Richtung UKLU unterwegs waren. Die flache Ebene der ungarische Puszta gab uns trotzdem einige markante Navigationshinweise um nicht nur nach GPS oder VOR zu fliegen. Kurz vor Erreichen des Platzes Jakabszallas liessen wir den Flugplan schliessen und landeten auf dem leeren Platz des Aerohotels. Es war überraschend, wie gepflegt dieser verlassene Fleck Erde war. Leider öffnete das Restaurant erst um 12:00 Uhr, so vertrieben wir uns die Zeit mit Wetteranalyse via frei verfügbarem Internet. Das Wetterradar und METAR für unser Zwischenziel Debrecen (LHDC) verhiess nichts Gutes, also telefonierten wir kurzerhand mit dem TWR Debrecen, welcher die aktuellen Daten bestätigte, aber schnelle Wetterbesserung in Aussicht stellte. Er bot uns an, uns telefonisch zu informieren, sobald sich das Wetter bessern würde. Während des Mittagsessens bekamen wir dann tatsächlich den Anruf vom TWR, dass es jetzt kein Problem mehr sei, den Platz anzufliegen.

HB-PNG in Jakabszallas

Also machten wir uns zügig auf den Weg, denn wir realisierten, dass laut NOTAM der Zielflugplatz UKLU schon um 14:00 UTC schliessen würde. Wir hätten also noch gut 2 Stunden, um dorthin zu fliegen. Der Flug nach Debrecen verlief ebenfalls problemlos, nur einmal wurden wir auf eine aktive Gefahrenzone hingewiesen, welche wir dann per Radarvectoring durch Kecskemet TWR umflogen. Kurz vor Debrecen häuften sich dann die Funksprüche von ausländischen Immatrikulationen, welche alle in östlicher Richtung unterwegs waren. Unter Anderem gab es über einen längeren Zeitpunkt extreme Störungen, welche auch Budapest Info East beeinträchtigten. Das verantwortliche Flugzeug, N16S, Beechcraft Staggerwing, war schnell ausgemacht und verliess dann diese Frequenz irgendwann. Im Anflug auf Debrecen wurden wir schon von Budapest Info East mit der Landereihenfolge vertraut gemacht – wir waren Nr. 3. Vor uns war ein Flugzeug aus Luxemburg (Cirrus SR22) und eine Schweizer DA40 (HB-SDC aus Speck). Im Long Final wurde von uns ein 360 verlangt, denn es musste auf der Landebahn „backtrack“ gemacht werden. An der Tankstelle (wir mussten natürlich alle tanken) stauten sich dann die Luftsportgeräte (Heli Robinson R44, Cirrus, Diamond, Piper) und der Tankwart sowie das Flugplatzpersonal war sichtlich überfordert von diesem „Ansturm“ auf deren Platz. Später wurde uns von einem der Mitarbeiter tatsächlich weisgemacht, dass heute der Flugplatz extrem „busy“ sei! Verschlimmert wurde das Ganze dadurch, dass jede Crew einzeln von der Tankstelle zum Büro transportiert wurde. In der Zwischenzeit baten wir den TWR darum, am Zielflughafen UKLU anzurufen, um unsere Ankunft dort anzukündigen. Freundlicherweise wurde dies geklärt und wir erfuhren, dass der Flugplatz Ushgorod heute erst um 17:00 UTC schliessen würde. Soviel zum Thema NOTAM. Die Rechnung für den Service in Debrecen allerdings war übersichtlich und mit knapp 60 Euro zzgl. AVGAS akzeptabel.

Debrecen, das Tor zur Ukraine

Der Weiterflug nach Ushgorod erfolgte via die IFR-intersection LONLA, wo wir auch in den ukrainischen Luftraum einflogen. Ushgorod Approach ermöglichte uns einen Direktanflug auf die Piste 10. Dabei waren wir bis zum short final im slowakischen Luftraum, denn sozusagen auf der Pistenschwelle 10 befindet sich die Staatsgrenze zwischen der Slowakei und der Ukraine. Im righthand downwind 10 machten wir unter uns auch die Grenzlinie und einen Wachturm aus. Es war dann also 17:30 Lokalzeit, als wir von einigen Schaulustigen, Helfern und der Grenzpolizei erwartete wurden. Es waren mittlerweile rund 20 Flugzeuge schon auf der Parkposition. Kaum standen wir still, kam der Zollbeamte, verlangte unsere Pässe und drückte uns 3 Formulare in die Hand, die wir möglichst schnell ausfüllen sollten. Mit diesen Formularen erklärten wir, dass wir bis spätestens am 15.7.2012 das Flugzeug wieder „exportiert“ haben werden. Ebenso wurde von uns die Erklärung verlangt, dass wir an keinen ansteckenden Krankheiten litten oder sonstige Leiden hätten, welche die ukrainische Bevölkerung gefährden würde! Wir sicherten das Flugzeug (uns wurde tatkräftig vom Bodenpersonal beim Verzurren geholfen) und wurden dann zur nicht stattfindenden Gepäckkontrolle gebracht. Vor dem „Terminal“ erwartete uns dann Igor, ein Biker (im Beruf (MIG)-Pilot bei der Flugerprobung der Ukraine) und einer der Mitorganisatoren, und brachte uns Bier. Weiters erklärte er uns, dass wir leider zu spät ankamen, denn etwas früher wurden die anderen Crews von einer Bikerparade und viel Vodka auf dem Vorplatz empfangen. Hier trafen wir dann auch den Piloten der Maschine, welche vorher mit dem defekten Funkgerät die Frequenzen blockierte. Es war Capt. Bill Windsock (ehemaliger United-Kapitän, welcher jetzt mit seiner Beechcraft Staggerwing NC16S mehr oder weniger die Welt umrundet, siehe www.captainbiff.com) Wir genossen trotzdem unser After-landing-Beer und wurden per Taxi in das Hotel „Ushgorod“ gebracht.

Parkplatz in UKLU

Hier stellte sich heraus, dass für uns trotz vorheriger Anmeldung keine Reservation vorlag. Jedoch gelang es uns, den Rezeptionisten zu überreden, uns doch noch je ein Zimmer zu geben. Ungewöhnlich war, dass sehr viele der Zimmer im Hotel Einzelzimmer waren, zumal dies das Hotel am Platz ist. In der Lobby trafen wir dann schon einige andere Crews, welche vor uns hier ankamen. Unter anderem auch die andere „Schweizer Delegation“. Am Abend sind wir dann in die Bar „Nab Savok“ transferiert worden. Diese Bar ist mit typischen alten Gegenständen und Utensilien aus der Sowjet-Zeit eingerichtet. An den Wänden hängen Bilder von Mitgliedern des ehemaligen Politbüros, es liegen Offiziersmützen herum, auf den Tischen liegen Kopien von alten Zeitungen. Am Eingang sass ein Offizier, bei welchem wir die Eintrittskarte kaufen mussten. Dies wurde dann fein säuberlich auf einem kleinen Papierzettel dokumentiert und in ein Buch eingetragen. Also richtig sozialistisch! Hier trafen sich erstmals Piloten und Biker. Mit Händen und Füssen und einem Gemisch aus verschiedenen Sprachen wurde sich hier unterhalten. Leider war die Bar auf diesen Ansturm nicht vorbereitet, sodass viele auf ihr bestelltes Essen teilweise vergeblich warteten. Allerdings gab es immer genug zu trinken, vor allem Vodka vom Hauptsponsor der Veranstaltung (Goral Vodka). Wir 4 begnügten uns mit einer 1 Meter langen Bratwurst und 2 Portionen Pelmeni (eine Art russische Ravioli). Zu Fuss gingen wir dann abends ins Hotel zurück.

Am nächsten Morgen (12. Juli) trafen wir uns alle mehr oder weniger beim Frühstück im Hotel. Fast alle Piloten waren im Hotel Ushgorod untergebracht. Es wurden fleissig die ersten Eindrücke von gestern und der Hinflüge ausgetauscht. Es wurde ein Ausflug gegen 12:00 Uhr angekündigt. Die bis dahin verfügbare Zeit nutzen wir, um zu Fuss die Stadt zu erkunden. Teilweise mag man meinen, dass hier die Zeit noch stehen geblieben ist. Viele heruntergekommene Häuserfassaden im weniger von Touristen besuchten Teil zeugen von den Problemen im Osten. Allerdings kommt der Kapitalismus in grossen Schritten in Form von Supermärkten, Autos … . Ushgorod liegt am Fluss Ush, welcher zurzeit relativ wenig Wasser führte und dementsprechend von Anglern gesäumt war. Wir waren zur angegebenen Zeit am Hotel, aber der von den Organisatoren bestellte Bus war nicht da. Hier war schon zu erahnen, dass vieles nicht so laufen würde, wie es sich die Organisatoren vorstellten, bzw. ankündigten. Allerdings muss man auf solche Dinge im Ostblock gefasst sein, und sich der Situation stellen und improvisieren. Eine straffe, reibungslose Organisation wäre zwar wünschenswert, aber angesichts der vielen Unwägbarkeiten einfach nicht machbar. Zumal dies das erste Festival dieser Art war, und die Organisatoren selbst etwas überfordert waren, und eventuell auch die Ansprüche der in erster Linie westlichen Piloten (es waren schlussendlich immerhin über 50 Crews aus ganz Europa da) doch recht hoch waren.

Endlich kam ein Bus, welche aber seine besten Tage schon lange hinter sich hatte. Von westlichem Komfort keine Spur, aber bekanntlich ist ja der Weg das Ziel. Unter anderem musste der Fahrer an einem Fluss anhalten, um etwas Kühlwasser für den Motor nachzufüllen. Selbstverständlich holte er das Wasser in Wasserflaschen aus dem Fluss! Und so wurden wir ca. 40 Kilometer durch eine beeindruckende Landschaft in den Vorkarpaten nach „Lumschori“ chauffiert. Hier erwartete uns sicher ein Highlight des Festivals. In einem „Ferienresort“ in den Bergen, um einen Fluss errichtet, wurden wir sozusagen bei lebendigem Leibe gekocht. Es gab grosse Kupferkessel, unter denen wirklich Feuer loderte, um die Wassertemperatur auf 40° und mehr zu bringen. Die gesamte Luft war mit Schwefeldämpfen geschwängert. Wir setzen uns in die Kessel mit bis zu 8 Personen, während das Personal das Feuer schürte. Nach 5-10 Minuten (je nach Kondition) musste man das heisse Bad verlassen, und hatte die Möglichkeit, sich im 11° kalten Fluss, welcher treppenartig am Resort vorbei aufgestaut wurde, abzukühlen. Mehrere solcher Gänge, bei denen man mit sich zuvor völlig unbekannten Menschen in der gleichen Badewanne sass, förderten den interkulturellen Austausch. So kamen wir in Kontakt mit jungen Polen, welche uns prompt nach Warschau einluden, ebenso wie wir nach Vilnius eingeladen wurden. Selbstverständlich luden wir sie ein, auch uns in der Schweiz mit dem Flugzeug zu besuchen. Das anschliessende Essen (Bograsch (typische, gulaschähnliche Suppe) und gegrillter Fisch und Kartoffeln) war vorzüglich. Der obligatorische selbstgebrannte Vodka durfte natürlich nicht fehlen. Auf der Rückfahrt im selben Bus herrschte mehr oder weniger erschöpfte Ruhe. Für uns alle war ebenfalls einfach unglaublich, dass wir sowohl auf der Hin- wie Rückfahrt von der Polizei eskortiert wurden. Regelmässig ging vor uns die Sirene an, und wir passierten Kreuzungen und rote Ampeln im Bus ohne Stop (zumal der Busfahrer ansich schon kein Kind von Traurigkeit war)! Inwiefern und womit der Chauffeur oder die Organisatoren für diesen Service die richtigen Leute „schmierte“, bleibt deren Geheimnis. Wir im Bus waren jedenfalls alle begeistert!

Abends wurden wir nochmals in dieselbe Bar geleitet, wo uns jedoch eine vorbereitete Mannschaft mit einem Buffet überraschte. Diesmal musste niemand um sein Essen fürchten. Es wurde für uns Piloten das Festival offiziell eröffnet, wir bekamen eine Fire-Show zu sehen, und es wurde viel gelacht, diskutiert, Kontakte geknüpft (Einladungen nach Kiew und Odessa sowie Insel Krim!) und natürlich getrunken. Der Hauptsponsor liess sich nicht lumpen und stellte unbegrenzt Vodka zur Verfügung. Es gab allerdings auch weniger starke Getränke ! Wir 4 genossen den Abend, und genehmigten uns auf dem Rückweg einen abendlichen Spaziergang durch Ushgorod und ein Dessert in einer kleinen Bar inmitten von Einheimischen. Die Kenntnisse der russischen Sprache machen sich bei solchen Events immer bezahlt.

Wir trafen unter den Piloten auch einen (Adrian) von der MFGZ aus Zürich, welcher mit der N466M (Columbia 400) unterwegs war.

Auch der Samstag, 14. Juli soll in unserer Erinnerung bleiben, denn gegen Mittag, nachdem wir morgens noch die obligatorischen Souvenirs in der Altstadt besorgten, fand die Parade der Biker und Piloten statt. Alle Piloten fuhren an der Spitze der Parade auf einem Sattelschlepper mit offener Ladefläche vorweg (wiederum mit Polizeieskorte), während hinter uns sich die Biker massenhaft versammelten und uns quer durch die Stadt zum Flugplatz Ushgorod folgten. Vor dem Flugplatz liessen wir die Biker dann passieren und trafen uns auf dem Platz vor dem Flugplatz wieder. Hier wurde uns, sowie auch allen anderen Schaulustigen eine Bike-Stunt-Show geboten. Motorsound, qualmende Reifen und Feuer waren die Hauptzutaten dieser Show. Anschliessend zeigten 2 YAK-Piloten ihr Können am Himmel in einer kleinen Airshow. Der Kommentator war sichtlich stolz zu erwähnen, dass diese überhaupt erste Airshow über Ushgorod illegal stattfand, denn Ushgorod liegt in einem Sperrgebiet.

Den Rücktransfer ins Hotel organisierten wir 4 uns, indem wir einen Biker fragten, ob dieser uns mit seinem Motorrad mit Beiwagen zurückfahren würde – natürlich hat er zugesagt! Das während der 2. Fahrt einer der beiden Zylinder seiner „Sputnik“ nicht mehr richtig arbeitete, und wir sozusagen mitten auf einer Kreuzung Zeugen seiner Reparaturkünste wurden (er zauberte Werkzeug hervor und wechselte schnell die Zündkerze!), machte die Sache wiederum einmal mehr unvergesslich. Selbstverständlich zeigten wir uns grosszügig und spendierten ihm eine Tankfüllung.

Der Abend stand dann ganz im Zeichen des eigentlichen Musik-Festivals. Im „Stadion Automobilist“ fanden sich dann die Biker und Piloten, aber auch „normale“ Festivalbesucher zusammen, um eine grosse Party zu feiern. Für uns Piloten und Biker wurde ein Ochse am Stück! Gegrillt. Dazu gab es wieder die Suppe (Bograsch) und natürlich viel Vodka. Wir trafen Biker aus Russland, Lettland, Litauen, aber auch Deutsche! Und viele andere. Es herrschte ausgelassene Stimmung – einfach begeisternd. Wiederum gab es viel zu diskutieren, zu lachen und zu sehen! Gegen 23 Uhr trat dann die von vielen Einheimischen sehnlichst erwartete ukrainische Band „BoomBox“ auf. Wir verstanden zwar kein Wort von deren Gesang, aber toll war die Musik und Stimmung auf dem Festivalplatz trotzdem. Wie es für ein Open-Air-Festival üblich ist, kam dann am Abend auch noch der Regen! Das abschliessende Feuerwerk ging ein wenig im Regen unter.

Am nächsten Morgen war dann allgemeine Aufbruchsstimmung. Alle Crews mussten Ushgorod wieder verlassen, auch jene, welche Ihren Aufenthalt länger als bis zum 15. Juli angekündigt hatten, denn die Aufenthaltsgenehmigung wurde kurzfristig für alle Crew bis maximal 15. Juli von der Luftfahrtbehörde geändert! Das Wetter sah am Vormittag VFR-tauglich bis an die Grenze nach Österreich aus. Wir gaben online unseren Flugplan auf und fuhren per Taxi zum Flugplatz. Dort dann die Landetaxe und Zollgebühren zu zahlen (rund 45 Euro) und die Grenzkontrolle. Durch den gestrigen Regen waren die Flugzeuge auf den Grasstellplätzen ziemlich stark eingesunken, sodass wir uns gegenseitig helfen mussten, die Flieger auf die saubereren Rollwege zu ziehen. Freundlicherweise waren auch Helfer mit Gummistiefeln zur Stelle. Der Abflug verlief dann recht reibungslos. Viele Crews flogen in Formation ab, um auch die Wartezeit etwas zu verkürzen. Während N466M IFR auf FL180 nach Linz flog, machten wir uns VFR nach Poprad-Tatry in der Slowakei auf den Weg. Wettertechnisch noch kein Problem, machten wir einen kurzen Halt in LZTT und wurden doch prompt wieder vom Zoll kontrolliert (eine Tasche wurde auf dem Apron geöffnet und ansatzweise durchsucht).

Poprad-Tatry

Ab nun waren wir wieder im Luftraum der EU und relativ frei mit unseren Landemöglichkeiten, denn es war abzusehen, dass wir gegen eine Front bzw. starke Regenzellen fliegen würden. Das weitere Routing sah vor, im Haupttal der Hohen Tatra (dem kleinsten Hochgebirge der Welt) nach Martin zu fliegen, und von dort nach Südwesten in Richtung NIT VOR und weiter Richtung Fertöszentmiklos (Ungarn). Allerdings sollte das relativ grosse Regengebiet genau von Südwesten nach Nordosten ziehen und uns somit den Weg nach Süden versperren, also überquerten wir gleich nach dem Start den südlichen Kamm der Hohen Tatra, um über flachem Gelände etwas mehr Ausweichmöglichkeiten zu haben. Die Flugplanänderung wurde ohne weiteres akzeptiert und es ging via SLC VOR in Richtung Ungarn. Das Regengebiet war dann doch relativ umfangreich, und nach Rückfrage nach eingelagerten CB wurde uns empfohlen, auf einem südlicheren Kurs das Gebiet zu umfliegen. Die Ankunft in Fertöszentmiklos war unspektakulär, aber im Final sollten wir einen 360 fliegen, da der Türmer noch mittels Auto und Schreckschusspistole einige Vögel von der Piste verscheuchen musste.

Hier wurden wir herzlich empfangen, denn nach dem Tanken fragte uns der Mann vom Turm, ob wir weiterfliegen wollten bei diesem Wetter (im Radar zeigten sich weite Teile der Alpen unter Regen), oder eine Übernachtung suchten. Wir nahmen die Übernachtung und wurden in eine gute Pension von ihm persönlich gefahren. Gleich neben der Pension befindet sich das Schloss Esterházy, wo wir am Nachmittag noch eine Führung buchten. Das Rokokoschloss gilt als das „ungarische Versailles“, und war ein Sitz der ungarischen Esterházy-Dynastie.

Der folgende Morgen zeigte wie angekündigt, bessere Wetterverhältnisse, aber weiterhin starken Westwind. Bis wir endlich starteten, war es 11:00 Uhr und wir flogen nach Bolzano, denn der geplante Stop in Zell am See, wäre aufgrund tiefer Wolken in den zentralen und nördlichen Alpen zu unsicher. ATC zeigte sich mehrfach sehr kooperativ (Graz und Klagenfurt mit midfield-crossing der CTR nach Koordination mit Wien Info). Je näher wir Richtung italienische Grenze kamen, desto schlechter empfing uns Wien Info. Erst bei Bressanone hatten wir wieder schlechten Kontakt zu Bolzano TWR. Der Anflug von Norden über die Stadt (auf RWY 19) ist schon speziell, aber gut fliegbar. Einzig die Ohren waren danach etwas verstopft, da wir relativ steil sinken mussten. Den Flugplan und Meteo/DABS holten wir uns gegen Unterschrift im TWR, denn unser Plan sah vor, relativ direkt (Ofenpass, Flüela, Oberalp) in Richtung LSPG zu fliegen. Die Zollanmeldung in LSPG wurde unkompliziert per Telefon geändert. Nach Ausflug via Merano ging es Richtung Zernez, wo die restricted area R-11 aktiv war. Selbst auf FL105 war es noch recht bockig, aber die Wolken liessen problemlos den Überflug der Kreten zu. So kamen wir zum Abschluss noch zu einem weiteren schönen Alpenflug, sahen uns das Martinsloch bei Elm aus der Nähe an, und konnten dann doch via Klausenpass anstelle Oberalp direkt fliegen. Vom Engelberger Tal nahmen wir noch den Mittelpunkt der Schweiz auf der Älggi-Alp ins Visier, um dann via Sierra und straight-in 03 in LSPG zu landen. Total sind so 13 Stunden erflogen worden.

Dieser weitere Ausflug in unbekanntes Gebiet im Osten Europas war für uns alle ein weiteres Highlight in der fliegerischen Karriere, und zeigte, dass dort ebenfalls mit Kleinflugzeugen gut geflogen werden kann. Die Kombination von Aviation und Motorrad war eine spezielle, aber sicher passend, denn sowohl die Biker als auch die Piloten sind ein spezielles Völkchen, die durchaus gut miteinander auskommen. Die ATC in Osteuropa ist hilfsbereit und die Menschen am Boden geben im Regelfall ihr Bestes, vor Allem wenn Crews aus Westeuropa kommen. Wir waren überall gern gesehen und werden sicher noch das eine oder andere Mal in diese Richtung unterwegs sein, zumal wir nun wieder einige Einladungen „abfliegen“ müssen. Euro sind die akzeptierteste Währung in Osteuropa, und AVGAS-Verfügbarkeit sollte immer! vorher abgeklärt werden, denn die Angaben im AIP stimmen teilweise nicht. Manchmal hat zwar der Flugplatz selbst kein AVGAS, aber der ortsansässige Aeroclub dafür schon. Also nachfragen (per Telefon und eMail) lohnt sich, denn sonst passiert, was einigen Crews auf dem Hinflug passiert, indem sie auf dem Zielflugplatz keinen Treibstoff bekamen. Kleine, private Flugplätze oft auch mit angeschlossenem Hotel (teilweise auch nicht im offiziellen AIP) sind manchmal besser ausgestattet, als die grossen offiziellen Plätze.

Resumee: Fliegerisch toll und problemlos, organisatorisch anspruchsvoller als nach Westeuropa – aber immer wieder eine Reise wert. Osteuropa – wir kommen wieder!



PS. In diesem Internetforum (http://www.ukraviaforum.com/index.php/topic,6050.0.html) (alles auf Russisch geschrieben) findet Ihr einige Impressionen, Videos und Kommentare zu dem Music Avia Bike Festival Ushgorod 2012. Vor allem die letzten Seiten sind mit Fotos und Videos gespickt.

Weitere Fotos findet ihr in der Galerie Ushgorod!